Maja Storck hat jetzt viel mehr Zeit für Volleyball – und fürs Kochen

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Nachdem Laura Künzler (21) vor einem Jahr das Abenteuer Bundesliga gewagt und sich als Stammspielerin etabliert hat, smasht diese Saison nun eine zweite Schweizerin in Deutschland: Maja Storck (20) ist seit September auch Profispielerin, bei den Ladies in Black Aachen.

Ein gewöhnlicher Wochentag, mittags um 12.00 Uhr. Maja Storck hat das Vormittagstraining hinter sich, steht am Herd und kocht. Und das tut sie gerne und neuerdings oft. Die Holzkellen, mit denen sie die Lachswürfel anbrät, weisen ausgeschnittene Schweizerkreuze auf. Auch Aromat und Ovomaltine gehören zum kulinarischen Heimatbezug. Das heutige Menü: Lachsspaghetti mit Lauchgemüse, zum Dessert feine Brownies, selbstverständlich auch selbst gefertigt.

«Jetzt habe ich kein Gehetze mehr wie früher, als ich noch Schule hatte und immer ins Training stressen musste», freut sich Storck. Sie kann sich jetzt auch mal hinlegen nach dem Mittagessen, hat Raum, sich zu erholen für das Nachmittagstraining. Oder macht einen Stadtbummel mit Café-Besuch. Storck wohnt mitten im Zentrum in der Fussgängerzone, in einer schmucken Wohnung, die sie mit einer Mitspielerin teilt.

Sie kennt sich in der Studentenstadt Aachen (250'000 Einwohnerinnen und Einwohner, 50'000 Studierende), wenige Kilometer von der belgischen und niederländischen Grenze entfernt, schon bestens aus: Der Aachener Dom (UNESCO-Weltkulturerbe), der Elisenbrunnen mit dem schwefelhaltigen Wasser oder das imposante Rathaus – Storck weiss schon viel über die lokalen Sehenswürdigkeiten und könnte glatt als Stadtführerin durchgehen. Und als jemand, der gerne auch mal was Süsses nascht, weiss sie auch, wo die besten Aachener Printen (ein braunes Lebkuchengebäck) zu kaufen sind. «Wir haben keine speziellen Essensvorschriften vom Klub, müssen uns aber gut ernähren und fit sein. Und da liegt ein Stücklein Schweizer Schokolade sicher mal drin», schmunzelt sie.

Grosser Schritt – ohne Alex

Maja Storck lebt erstmals nicht mehr zu Hause: mit 19 nach der Matura vom Elternhaus in Münchenstein direkt als Volleyballprofi nach Aachen. «Als Einzelkind bin ich es zwar gewohnt, selbständig zu funktionieren. Aber der Schritt war doch etwas grösser, als ich erwartet habe», gibt sie zu. Den 20. Geburtstag hat Maja erstmals nicht im Kreis der Familie gefeiert. Auf der Kommode im Schlafzimmer laufen auf einem digitalen Bilderrahmen Hunderte von Familien-und Volleyballfotos in der Endlosschlaufe durch. Und die Schlafzimmerwand ist mit Dutzenden von papierenen Erinnerungen geschmückt.

Was sie am meisten vermisst – nebst ihrem Freund natürlich – ist ihr Kater Alex, der eigentlich Olek heisst, denn ihre Mutter stammt aus Polen. «Ja, der Alex fehlt mir schon sehr, auch wenn er zu Hause immer wieder Mäuse angeschleppt hat», schmunzelt Storck und tröstet sich ab und zu mit dem Hund einer Mitspielerin, der auch öfters Zaungast im Training ist.

«Ich bin hier, um die Komfortzone zu verlassen»

Storck fühlt sich bereits sehr gut integriert im Team, auch begünstigt durch den Umstand, dass im 11er-Kader gleich neun Neulinge stehen. Zum Rundum-Sorglospaket gehört die Wohnung, ein Auto, Massage, medizinische Betreuung und ein kleines Fixum. Schweizer Nationalspielerinnen könnten in der Schweiz zwar mehr verdienen, aber weil die Lebenshaltungskosten in Deutschland mindestens 50 % geringer sind, ist die Bilanz doch besser. 

«Natürlich geht es auch hier, wie vorher bei Sm’Aesch Pfeffingen, um Volleyball. Aber es ist schon alles professioneller. Für jedes Problem gibt es eine Ansprechperson. Beide täglichen Trainings sind für alle obligatorisch, da liegt es nicht drin, nebenbei noch zu jobben oder eine Schule zu besuchen», vergleicht die Baselbieterin. Sie könnte sich aber vorstellen, ab dem 2. Profijahr vielleicht ein Fernstudium zu absolvieren. 

Ihre Trainerin, die Holländerin Saskia van Hintum, hält viel von Stock: «Maja hat sich sehr gut eingelebt. Sie ist eine kräftige Spielerin und hat einen grossen Ehrgeiz, der sie weit bringen wird.» Natürlich gebe es noch einige Baustellen und entsprechend viel zu tun. «Aber Maja lernt täglich dazu. Die Schweiz wird sich freuen können, wenn sie zurückkehrt», ergänzt die Holländerin, die Storck im ersten Heimspiel – gegen Vilsbiburg (mit Laura Künzler) bereits mehrere Teileinsätze zugestand.

«Ich bin hier, um die Komfortzone zu verlassen. Ich möchte mich in allen Bereichen verbessern. Und wenn ich mal nicht spielen kann, dann muss ich halt noch härter trainieren», umreisst die Diagonalangreiferin ihre Ziele.

Zwei Freundinnen mit Vorbildfunktion

Maja Storck und Laura Künzler sind nicht nur im Sport Freundinnen, sondern auch sonst im Leben. Sie haben die Gelegenheit, sich rund um das denkwürdige Duell zwischen Aachen und Vilsbiburg am 10. November zu treffen, ausgiebig genutzt: Sei es am Mittagstisch in der WG Storck, beim Einkaufsbummel oder beim Schlendern durch den Stadtpark – die beiden hatten viel auszutauschen und viel zu lachen. Und sie hoffen, dank ihrem Tun auch andere Schweizer Talente zu animieren.

«Wir trainieren und spielen hier auf hohem Niveau und davon können wir unseren Natikolleginnen sicher einiges weitergeben», meint Storck. Und Künzler äusserst sich zur Vorbildfunktion: «Wir sind sicher auch Vorläuferinnen. Es ist nicht das Einfachste, aus der Schweiz wegzugehen und nur auf Volleyball zu setzen. Ich glaube, das gibt anderen Spielerinnen, die ebenfalls diesen Traum haben, den Mut sich zu sagen, wieso soll ich das nicht auch versuchen?»

Nationaltrainer Timo Lippuner ist erfreut ob dieser Entwicklung: «Es ist natürlich toll, dass die zwei den Schritt zur Profispielerin gewagt haben. Das war schon immer mein grosses Anliegen, Profis fürs Ausland auszubilden. Das ist die Visitenkarte, die wir mit dem Nationalteam abgeben wollen.»  

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Volleyball: Maja Storck in der Bundesliga (SRF: Sportpanorama vom 11.11.18)

©Swiss Volley by Andreas Eisenring (Fotos: Andreas Eisenring)